Dienstag, 22. April 2025

„Ich mach mein eigenes Ding“ – Wie Jugendliche die Arbeitswelt neu denken

Die Berufswelt befindet sich im Wandel – und mit ihr die Vorstellungen der jungen Generation. Wo frühere Jahrgänge Sicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten und feste Strukturen suchten, dominieren heute Selbstbestimmung, kreative Freiheit und digitale Unabhängigkeit. Immer mehr Jugendliche entscheiden sich bewusst gegen klassische Karrierewege – und für das, was sie als ihre persönliche Zukunft betrachten.

Zwischen Selbstverwirklichung und wirtschaftlicher Realität

Die klassische Frage „Was willst du mal werden?“ bringt heute eine neue Vielfalt an Antworten hervor. Neben traditionellen Berufen nennen viele Jugendliche inzwischen „Influencerin“, „Content Creator“, „YouTuberin“ oder „Entrepreneur“. Besonders stark vertreten sind dabei Berufsbilder, die über soziale Medien vermittelt und sichtbar gemacht werden.

Laut einer Trendstudie der Bertelsmann Stiftung (2024) steht für Jugendliche nicht mehr die Sicherheit im Vordergrund, sondern der Wunsch, etwas zu tun, das sie persönlich erfüllt. Freude an der Tätigkeit, Selbstbestimmung und Flexibilität sind zentrale Faktoren bei der Berufswahl. Klassische Karrierepfade wirken hingegen oft unattraktiv – sie gelten als starr, veraltet oder nicht mehr zeitgemäß.

Die Marke „Ich“: Warum viele Jugendliche eigene Projekte starten

Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Selbstverwirklichung. Ein wachsender Anteil junger Menschen nutzt Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube, um ihre Interessen in reale Projekte zu verwandeln – sei es durch Mode, Musik, Gaming oder Storytelling. Was früher als Hobby galt, kann heute den Grundstein für ein Einkommen oder eine eigene Marke legen.

Ein Beispiel hierfür ist Lena Mantler, die gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Lisa durch Lipsync-Videos auf Musical.ly (heute TikTok) bekannt wurde.

Doch diese Form der Selbstständigkeit ist kein Selbstläufer. Laut einer Statista-Erhebung von 2023 verdienen die meisten Influencer*innen unter 1000 Euro im Monat, und nur ein sehr kleiner Prozentsatz lebt dauerhaft vom Content-Creator-Dasein. Der Weg ist von Unsicherheiten, hoher Konkurrenz und algorithmischen Abhängigkeiten geprägt.

Risiko? Ja. Aber: selbst gewählt.

Trotz dieser Unsicherheiten entscheiden sich viele Jugendliche bewusst für diese Wege. Sie sind bereit, Risiken einzugehen, solange sie im Gegenzug das Gefühl haben, ihr Leben eigenständig zu gestalten. Diese Haltung ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels, in dem individuelle Freiheit und persönliche Sinnstiftung einen höheren Stellenwert einnehmen als klassische Statussymbole oder Hierarchien.

Eine Auswertung der Agentur Junges Herz zeigt, dass die Generation Z besonderen Wert auf klare Strukturen, Authentizität und flexible Lebensmodelle legt – kombiniert mit dem Wunsch, nicht einfach nur „funktionieren“ zu müssen. Für viele Jugendliche ist das „Karriere machen“ nicht gleichbedeutend mit einer steilen Aufstiegslaufbahn, sondern mit der Möglichkeit, das eigene Leben kreativ zu gestalten.

Was Erwachsene daraus lernen können

Eltern, Lehrerinnen und Entscheidungsträgerinnen tun gut daran, diese neuen Entwicklungen nicht nur zu beobachten, sondern aktiv zu verstehen. Denn: Die Berufswünsche vieler Jugendlicher sind nicht bloß Träumereien, sondern spiegeln die Transformation unserer Arbeitswelt wider.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Nicht jeder YouTube-Kanal wird erfolgreich, nicht jede Geschäftsidee tragfähig. Dennoch sollte das Potenzial, das in der digitalen Selbstständigkeit liegt, nicht unterschätzt werden. Berufsorientierung muss heute mehr leisten als nur klassische Wege aufzuzeigen – sie muss auch Raum geben für neue Ideen, hybride Lebensmodelle und unternehmerisches Denken.

Fazit: Neue Generation, neue Karrierebilder

Die jungen Menschen von heute definieren Erfolg und Arbeit neu. Sie träumen nicht nur, sie experimentieren, scheitern, starten neu – und wachsen daran. Nicht jeder wird Influencer oder Unternehmer, doch der Mut, sich auszuprobieren, verdient Anerkennung. Die Zukunft der Arbeit wird vielfältiger, flexibler – und kreativer.

Und vielleicht ist genau das die beste Vorbereitung auf eine Welt, in der ständige Veränderung zur Norm wird.